Schlafcouch – praktisch ja, aber auch hübsch? Geschmackssache
Dass eine Schlafcouch ein hervorragend praktisches Möbelstück ist, steht außer Frage. Aber mal ehrlich, gibt’s die auch in hübsch?
Schlafcouch – eine Horrogeschichte mit Happy-End?
Als ich klein war bekam ich eine Puppenstube geschenkt. Sie gehörte vorher meiner Mutter, die sie sich mit ihren Schwestern teilte. Mein Opa hatte sie aus einem alten Küchenschrank gebaut. Mit jeder Wohnungsrenovierung bekam auch die Puppenstube eine neue Ausstattung: Blümchentapeten, Vorhänge aus Omas Kittelschürze in Kanarienvogelgelb, zu noblen Läufern zweckentfremdete Tischdeckchen. Ein wahres Sammelbecken für schrillen Panton-Kitsch und Wanne Eickel-Biedermeier, frei von jeder Funktionalität, Hauptsache es gefällt. Genau so wollte ich wohnen, wenn ich mal groß wäre.
Praktisch ja, aber auch hübsch?
Dann zog ich in meine erste Studentenbude. Ein 12 Quadratmeter Wohnklo, aus dem man nur rückwerts wieder raus kam. Aus Platz- und Geldmangel übernahm ich die Möbel meines Vormieters, darunter auch eine unheimlich praktische Schlafcouch. Dies war der Beginn einer ewig währenden Hass-Liebe.
Ich war jung und brauche die Couch
Die Schlafcouch war in erster Linie praktisch. Sehr, sehr, sehr praktisch. Gut, der Designer des hellbeige mit Farbakzenten in orange und türkis aufgepeppten Bezugs, hatte offensichtlich beim Entwurf nicht seinen besten Tag. Aber dem konnte man ja mit einem Überwurf abhelfen. Darunter verschwanden auch die Verschleißspuren der Sitzfläche, die durch meinen unruhigen Schlaf unterm Laken gigantische Ausmaße annahmen. Aber wenn ich an die Abende denke, an denen sie an trotz ihrer für 3 konzipierten Sitzflächen bis zu 8 Leuten Platz bot, an denen wir bis in die Morgenstunden Zigarettenasche und hochprozentige Getränke auf ihr verteilten, von denen ich noch Tage und Wochen später was hatte, wenn ich mich in die Sitzkuhle, die ihre Popos auf der Fläche hinterließen, kuschelte… Keine Ahnung, was Bettwanzen sind, aber ich bin mir sicher, dass denen der Unterschied zur Schlafcouch auch nicht geläufig war. Meine Couch hatte halt ihren eigenen, unvergesslichen Charme. Das zumindest redete ich mir ein, als sie unter dem Besuch eines männlichen Übernachtungsgasts über die ausgeklappte Fläche zur Seite umkippte.
Als ich nach meinem Studium in eine größere Wohnung zog, landete die Schlafcouch mit der Beschreibung:“Sau hässlich, aber seeeehr praktisch“ auf der Seite eines Tausch- und Verschenkmarkts im Internet. Dort kann man sie noch heute bewundern, weil keiner sie haben wollte.
Mein Geschmack schmeckt nicht jedem
Meine neue Wohnung kommt dem Puppenhaus schon sehr nahe. Viel Flohmarkt-Chic, gemischt mit Art Déco Dachbodenfunden, Erbstücken von Oma und einer Priese Ikea. Nicht zu vergessen, dass ich nun über ein separates Schlafzimmer verfüge. Ein Sofa fehlt noch. Da wir öfter mal Freunde zu Besuch haben, die weiter weg wohnen, schlug mein Freund eine Schlafcouch vor. Eine Woche lang besichtigten wir alles, was es so auf dem Markt gibt, von Luxusstücken zu horrenden Preisen bis zum einfachen Ikea Modell mit abnehmbaren Bezügen und separater Federkern Matratze. Wirklich, seeeeehr praktisch! Aber am klotzigen Design, bedingt durch de integrierten Bettkästen, hat sich leider nicht viel getan.
Gestern habe ich eine Bauhaus Couch auf Ebay ersteigert. Dreisitzer, cognacfarbenes Leder, Stahlrohrfüße, seeeeehr geschmackvoll! Ich muss schließlich nicht darauf schlafen.
…Und werde mich außerdem gleich morgen auf die Suche nach dem besten Klappgästebett der ganzen Stadt machen, Ehrenwort!